An der Leine laufen

So läuft es mit der Leine

Der eine zieht, der andere trödelt – dem Hund das gute Gehen an der Leine beizubringen, ist nicht immer leicht. Trainerin Jana Rätke erklärt, wie man die 5 häufigsten Herausforderungen meistert.

Biologisch betrachtet ist das Anleinen eines Hundes unnatürlich. In unserer Lebensform ist die Leine jedoch ein sinnvolles und wichtiges Hilfsmittel. Zum Beispiel aus Sicherheitsgründen beim Gehen an der Straße oder um unkontrolliertes Jagdverhalten im Wald zu verhindern. Eine schützende Funktion für den Hund hat die Leine dadurch, dass der Mensch das Management in bestimmten Situationen (u. a. bei Begegnungen mit Artgenossen) übernimmt. Bedenken Sie, dass ein angeleinter Hund in seinem Verhalten eingeschränkt ist. Er kann nicht eigenständig ausweichen und überlässt somit wichtige Entscheidungen seinem Menschen. Ein großer Vertrauensbeweis! Deshalb sollte die Leine auch nicht als Werkzeug benutzt werden, um den Hund durch einen Ruck zu korrigieren. Wenn der Vierbeiner daran gewöhnt ist und sie richtig angewendet wird, kann die Leinenführung fördernd für die Mensch-Hund-Beziehung sein. Doch ein harmonischer Spaziergang am lockeren Band ist nicht selbstverständlich.

 1. Der Zieher

Ihr Hund zerrt bei Spaziergängen an der Leine? Dann sollten Sie auf Ursachenforschung gehen: Vergräbt der Vierbeiner seine Nase direkt in jedem Laubhaufen, scheint er ein Jäger zu sein. Macht er sich unverzüglich ans Markieren, kann eine territoriale Motivation dahinterstecken. Oder haben Sie einen Begleiter, der ständig vor Ihren Füßen den Weg kreuzt? Dieses Pendeln von links nach rechts deutet auf eine kontrollierende Komponente als Auslöser … Die Leinenführigkeit ist ein komplexes Feld, bei dem es auch auf die richtige Aufgabenverteilung ankommt. Haben Sie einen Jäger an der Leine, gestalten Sie den Spaziergang interessanter. Zeigen Sie Ihrem Hund zum Beispiel durch Such- und Schnüffelaufgaben, dass auch Sie einen exzellenten Riecher haben. Wenn Sie einen Markierer an der Leine haben, führen Sie „Piescher-Zonen“ ein. Legen Sie fest, an welchen Stellen der Hund sich lösen darf und an welchen nicht. Zeigt der Hund an der Leine Kontrollverhalten, bauen Sie feste Richtlinien ein. Erlauben Sie Ihrem Vierbeiner mit einer Vokabel wie „frei“, dass er den Radius der Leine nutzen und auch vor Ihnen die Seiten wechseln darf. Im Gegenzug bedeutet zum Beispiel die Vokabel „Seite“, dass der Hund wieder entspannt an Ihrer Seite laufen soll.

2. Der Schleicher

Es gibt Vierbeiner, die an der Leine bevorzugt den hinteren Radius nutzen. Hierbei muss immer das individuelle Mensch-Hund-Gespann betrachtet werden. Wenn der Gefährte langsamer wird, weil er älter wird, sollte man sich seinem Tempo anpassen. Schauen Sie genau hin, warum Ihr Hund sich zurückfallen lässt. Hat er vielleicht die ganze Zeit seine Nase auf dem Boden, aber schaut dabei immer geradeaus? Dieses Verhalten deutet auf Unsicherheit hin. Sprich: Der Vierbeiner tut schwer beschäftigt, in Wirklichkeit aber fürchtet er eventuelle Konfrontationen mit anderen Hunden und möchte eher unsichtbar sein. In diesem Fall vermitteln Sie Ihrem Begleiter mehr Sicherheit. Beweisen Sie bei Hundebegegnungen Ihre Managementqualitäten. Lassen Sie keine Artgenossen unkontrolliert zu Ihrem Schützling, wenn dieser bereits hinter Ihnen Deckung sucht.

„Ein entspannter Spaziergang funktioniert nur, wenn die Leine nicht gespannt ist.“

3. Der Mensch

Ein häufiger allgemeiner Fehler beim Leinenführigkeit-Training ist die Überforderung des Hundes. Konditionieren Sie ein neues Wort wie „bei Fuß“ oder „bei mir“ sorgfältig, bevor Sie die verlässliche Umsetzung von Ihrem Vierbeiner verlangen. Stecken Sie dabei kleine Ziele. Der Hund muss zunächst einmal verstehen, was überhaupt von ihm erwartet wird. Wählen Sie kurze Teilabschnitte eines Spaziergangs, auf denen Sie konsequent das gute Gehen üben. Belohnen Sie Ihren Hund direkt, sobald er locker an der Leine geht.

4. Der Welpe

In den ersten Lebenswochen prasseln viele neue Eindrücke und Erfahrungen auf Hundebabys ein. Auch das Laufen an der Leine gehört dazu. Ein Welpe sollte früh lernen, dass ihn durch diese Begrenzung nichts Negatives erwartet. Legen Sie Ihrem kleinen Begleiter das Halsband bzw. Brustgeschirr sowie die Leine in gewohnter Umgebung an und starten Sie ein Spiel. So verknüpft der Welpe die neue Situation auch mit Spaß. Achten Sie unbedingt darauf, dass der junge Hund nicht die Lernerfahrung sammelt, dass Ziehen an der Leine zum Erfolg führt. Ein Beispiel: Der angeleinte Welpe hängt sich in die Leine, um zu einem interessanten Reiz wie etwa einem Menschen oder einem anderen Hund zu kommen. Läuft der Halter seinem Hundebaby mit gespannter Leine hinterher, lernt der Vierbeiner, dass sich das Ziehen für ihn lohnt. Besser wäre es in dieser Situation stehen zu bleiben und den Hund erst zu seinem Ziel zu lassen, wenn die Leine locker durchhängt.

5. Der Freiläufer

Sie haben einen Hund, der ausschließlich Freilauf genießt? Auch wenn der Vierbeiner abrufbar ist, kann es Situationen geben, in denen er angeleint werden muss. Ob an bestimmten Urlaubszielen oder regional, zum Beispiel während der Brut- und Setzzeit sowie ganzjährig in Naturschutzgebieten. Was also tun, wenn der Hund bisher keine Leine kennt? Achten Sie darauf, dass Ihr Vierbeiner die neue Erfahrung positiv verknüpft. Sinnvoll kann eine Schleppleine sein, die Ihrem Begleiter mehr Bewegungsfreiheit ermöglicht. Nutzen Sie den erweiterten Radius zum Beispiel für ein Apportier-Spiel. So lernt der Hund, dass eine Leine gar nicht so schlimm ist. Beim Einsatz einer Schleppleine sollten Sie Handschuhe tragen, damit diese nicht durch ihre Hände rutscht.

 


 

 

Über die Autorin

Jana Rätke

Jana Rätke ist zertifizierte Hundetrainerin. Mit „Der Lieblingshund“ bietet sie in Niedersachsen individuelles Training für Mensch und Hund an. Besonders liegen ihr das Verstehen der Körpersprache sowie das artgerechte Beschäftigen der Vierbeiner am Herzen. Außerdem arbeitet sie als Autorin. Ihr aktuelles Buch „Abenteuer Welpe“ ist im Kynos Verlag erschienen.

 

 

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